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Brünner Versöhnungsmarsch 2025

today4. Juni 2025 112 67

Hintergrund
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    Brünner Versöhnungsmarsch 2025 Radio Böhmen


Vor 80 Jahren fand eines der bekanntesten Nachkriegsverbrechen statt: Die Vertreibung der Brünner Deutschen durch den sogenannten „Brünner Todesmarsch“. Am 31. Mai 1945 wurden diese zusammengetrieben und am folgenden Tag mit den Bewohnern der umliegenden Dörfer rund 55 Kilometer in Richtung in Richtung österreichische Grenze getrieben. Der Zug bestand aus rund 30.000 Menschen, hauptsächlich aus Frauen, Kindern, Kleinkindern und Säuglingen sowie alten Männern. Viele waren den Strapazen des Marsches in größter Hitze und ohne organisierte Wasser- und Nahrungsmittelversorgung nicht gewachsen und brachen am Straßenrand zusammen.
Bei Pohrlitz, auf halbem Weg zwischen Brünn und der Grenze zu Niederösterreich, befinden sich mehrere Massengräber der Opfer des Todesmarsches. Eines davon mit 890 Gräbern ist mit einem schlichten Gedenkstein als Grab erkennbar.

Vor zehn Jahren bat der Stadtrat von Brünn um Entschuldigung für die gewalttätige Vertreibung, und seitdem wird in jedem Jahr ein ein Gedenkmarsch (in umgekehrter Richtung) von Pohrlitz nach Brünn begangen. Der Oberbürgermeister der Stadt Brünn, Pavel Vokřál, lud damals auch Vertreter von Vertriebenenverbänden in Deutschland und Österreich ein, die Vertreibung der Brünner Deutschen zum Anlass für ein gemeinsames Gedenken zu nehmen. Auch heuer wurde wieder von der Organisation „Meeting Brno“ dazu eingeladen, und rund 400 Personen folgten diesem Ruf. Darunter waren nicht nur – vermutlich einige der letzten – Zeitzeugen anwesend, sondern auch der Bürgermeister von Pohrlitz, Miroslav Novák, der Vize-Landrat und zahlreiche junge Tschechen, und Gruppen aus Deutschland von der Sudetendeutschen Landsmannschaft Baden-Württemberg und Bayern, der Oberbürgermeister von Brünns Partnerstadt Schwäbisch Gmünd und aus Österreich, darunter der Obmann der Sudetendeutschen Landsmannschaft in Österreich, Dr. Dr. Rüdiger Stix, der Vertriebenensprecher der Freiheitlichen Partei, BR Konrad Kofler und der Österreichischen Landsmannschaft. Bürgermeister Novák ist ebenso seit vielen Jahren engagiert dabei, das Gedenken an die schrecklichen Ereignisse als Mahnung präsent zu halten und berichtete auch von einem Treffen mit dem Sprecher der Sudetendeutschen Landsmannschaft Deutschland, Bernd Posselt, am Vortag.

Der Brünner Todesmarsch wurde vorwiegend von den tschechischen Arbeitern der Brünner Waffenwerke geplant und durchgeführt. Als Hauptorganisator dieses Verbrechens gilt der tschechische Stabskapitän Bedřich Pokorný. Er wechselte wenig später ins tschechische Innenministerium und gilt auch als Organisator des Massakers von Aussig vom 31. Juli 1945. Aufgrund des „Amnestie-Gesetzes“ Nr. 115 blieben die begangenen Straftaten ungesühnt, demnach ist es im eigentlichen Sinne kein Amnestie-, sondern ein Straffreiheits-Gesetz. Den Überlebenden des Todesmarsches wurde 1945 anfänglich der Übertritt an die österreichische Grenze zunächst verweigert und weitere Menschen starben an Hunger und Seuchen – auch das ein Thema, das noch auf die Aufarbeitung in Österreich wartet – sprach doch damals Staatskanzler Karl Renner, obwohl selbst Südmährer, von „deutschsprachigen Tschechslowaken“, die er nicht im Land wollte.

Leider sind bei Veranstaltungen wie diesen noch immer sehr selten offizielle Vertreter des tschechischen Staates zu finden, weswegen auch das ungelöste Thema der sog. Benešdekrete immer noch nicht gelöst ist. Hoffnungsvoll dagegen kann man die große Zahl an jungen Teilnehmern bewerten, die auch in anderen Teilen des Landes an ähnlichen Veranstaltungen teilnehmen und sich der historischen Verantwortung stellen – der Weg zur vollständigen Aussöhnung bleibt daher noch lang, aber er wird gegangen, Schritt für Schritt!

 

Zeitungsbericht


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